Agil, agiler, Agile Enterprise? – Die fünf größten Herausforderungen
31. Juli 2024 | 5 Min.
Agiles Arbeiten ist im modernen Unternehmensalltag angekommen. Methoden wie Scrum, Kanban und Lean und sind von dort nicht mehr wegzudenken. Das Agile Enterprise ist – zumindest was die Projektmanagementstrategie angeht – in aller Munde. Der Knackpunkt: Als agiler Newcomer wird es für manch einen knifflig. Wie lassen sich die agilen Methoden ins Unternehmen transportieren? Was muss man beachten und wie geht man dabei vor? In diesem Blogartikel geht es um die fünf größten Herausforderungen auf dem Weg ins Agile Enterprise – und wie es führende Unternehmen geschafft haben, diesen zu begegnen.
1. Der Wandel ist der Weg und nicht das Ziel!
Die erste Herausforderung richtet sich an die eigene Erwartungshaltung. Es gibt keine Checkliste, die Unternehmen auf dem Weg zum Agile Enterprise abarbeiten können. Die Unternehmensberatung McKinsey beschreibt den Prozess in zwei Phasen. Phase Eins: Entwickle Visionen und probiere Dinge aus. Funktioniert das Ausprobierte, kommt die zweite Phase („Scale and improve“) ins Spiel. Hier wird skaliert: Dinge, die im Kleinen funktioniert haben, können in den Unternehmenskontext übernommen werden.
Ein Beispiel, wie man dieser Herausforderung begegnen kann, ist die Methode der Agile Pilots: Kleine Schritte auf dem Weg ins Agile Enterprise. Mit dieser Herangehensweise brachte auch ein Automobilhersteller den Stein ins Rollen. Rapid Application Developement, kurz RAD, lautet das Zauberwort. Der Hersteller wollte eine schnellere Time-to-Market erreichen und die Entwicklungseffizienz steigern. Statt sich weiter mit langwierigen Lastenheftprozessen herumzuschlagen, wurde kurzerhand ein anfassbarer Prototyp erstellt. „Raus aus der Theorie, rein in die Praxis, Dinge erlebbar machen“ lautet das Motto.
Im RAD findet das agile Mindset Anwendung: Ausprobieren, lernen, Fehler machen. Ein erlebbarer Prozess sagt viel mehr aus als eine tausendseitige PowerPoint. Wichtig dabei: Keine Angst davor haben, wieder etwas zu verwerfen, denn der Lernprozess erweist sich als genauso wertvoll wie die investierte Zeit.
Das alles geht nicht mehr per Hand: Inzwischen gibt es Software, die Fachabteilungen mit wenig IT-Kenntnissen dabei unterstützen, bei der Prototypgenerierung mitzuwirken. Eine Software-Plattform wie cplace, die für RAD eingesetzt werden kann, ermöglicht die Anwendungsentwicklung per No-Code und Low-Code auch für Nicht-Programmierer. So können OEM-Unternehmen Fast Developement praktizieren.
Success Story
Fast Development mit cplace: In nur 10 Tagen zu einer Lösung im Reifegradmanagement
Zur Story2. Die Sache mit der Komplexität…
Auf dem Weg zum Agile Enterprise wird es schnell komplex: Wo beginnen? Was ist der erste Schritt? Wie ein gemeinsames Verständnis schaffen? Wie sieht der perfekte Weg zum Ziel aus? Gibt es diesen überhaupt? Ein Vorzeigebeispiel aus der Praxis verrät: Es ist eine Mammutaufgabe das gesamte Unternehmen zu „agilisieren“. Davon ließ sich ein Unternehmen aus der Pharmaindustrie jedoch nicht entmutigen. Stark getrieben von der Business-Idee, schnellere und vielfältigere Behandlungsmöglichkeiten auf den Markt zu bringen, stellte es sich der eigenen Komplexität. Die Agilisierung sollte das gesamte Unternehmen beeinflussen, inklusive Methoden, Prozesse, Tools und der eigenen Kultur.
Eine gute Methode, um diese Komplexität zu verstehen, ist das sogenannte „Walking Skeleton“. „Walking“ bezieht sich auf die Prozesse, die End-2-End durchgegangen werden. Dabei entwickelt sich ein gemeinsames Verständnis von Komplexität. Am Beispiel des Pharmakonzerns war dies der Planungsprozess zur Erforschung verschiedener Medikamente sowie deren Entwicklung bis hin zur Marktreife. Der Fokus liegt auf dem Wesentlichem, auf dem „Skeleton“. Dabei wird sich nicht am Kleinen aufgehangen, sondern stringent dem Prozess gefolgt.
In der nächsten Iteration kommt „Fleisch an den Knochen“. Heißt: Die Teilschritte des Projekts werden umgesetzt. Prozesse wollen transformiert und adaptiert und die passende Software entwickelt werden. Dann der kurze Schritt zurück: Was fehlt noch am Skelett? Welche Muskeln sind schon intakt?
Als Meeting-Session gestaltet sich das „Walking Skeleton“ in etwa so:
- Die Session dauert zwei Stunden und wird moderiert.
- Der Teilnehmerkreis besteht aus den Projektbeteiligten.
- Das Ziel ist ein gemeinsames End-2-End-Verständnis. Alle Beteiligten sollen den Prozess aus Anwendersicht verstehen und Anforderungen (Stories) zur Umsetzung ableiten.
- Der Fokus liegt auf der Visualisierung.
- Wichtig ist ein sukzessives Vorarbeiten.
- Am Ende der Session wird Feedback gesammelt. Die Fragestellungen mit höchster Priorität werden im Nachgang diskutiert und aufbereitet.
Dieses Vorgehen ist zeitintensiv und erfordert eine gute Vorbereitung. Und dennoch zahlt sich die Mühe aus, denn die Methode des „Walking Skeleton“ sorgt bereits zu einem frühen Zeitpunkt für Verständnis. Und das vor allem dort, wo es Schnittstellen zwischen Abteilungen und Prozessen gibt.
3. A-gil wie A-narchie?
Eine weitere Herausforderung ist das Rollenverständnis. Wer darf was? Wer soll was? – In skalierenden Organisationen eine omnipräsente Fragestellung. Das klassische agile Mantra lautet nicht umsonst: „Agil bedeutet Freiraum, Verantwortung, Vertrauen für den Einzelnen.“ Doch gerade in großen Organisationen kommt die Frage nach einem gemanagten Rahmen dieses Freiraumes auf. Die Antwort darauf: Der eigene Weg ist das Ziel, denn jedes Unternehmen hat unterschiedliche Reifegrade an agilen Arbeitsweisen.
Inspirationen bieten aktuelle Beobachtungen aus dem Markt. Agil braucht ein echtes Rollenverständnis, es bedeutet nicht „Jeder darf alles“. Vielmehr geht es darum, dass Mitarbeitende über sich und ihre Zertifizierungen hinauswachsen dürfen. Rollen sind gestalt- und ausprägbar: Das in Schulungen Erlernte soll in der Praxis angewendet werden. Um zu vermeiden, dass die Verantwortung rückwirkend wieder zentralisiert wird, muss in Qualifikation investiert werden.
Gerade in großen Unternehmen stehen Skalierungsframeworks hoch im Kurs. Aktuell sind es individualisierte Ansätze, die von Unternehmen unterfüttert werden. Eine vielversprechende Alternative dazu sind Frameworks wie SAFe (Scaled Agile Frameworks) und LeSS (Large Scaled Scrum).
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Agile Arbeitsweisen erfolgreich skalieren – mit Essential SAFe
Jetzt Paper downloaden4. Informationsfluss statt -frust
Ungefilterte und intransparente Informationen, die im Unternehmen zirkulieren, stellen eine große Herausforderung für Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen dar. Der Idealfall wäre es, Entscheidungsbedarfe schnell und transparent auf allen Ebenen zu kommunizieren, ohne Reibungsverluste.
Ein Beispiel hierfür bietet ein Automotive OEM, der diese Herausforderung angegangen ist. Die Strategie „Scaling Agile mit Boards of Boards“ zielt darauf ab, den Informationsfluss zu beschleunigen. Dabei griff der Hersteller auf agile Boards zurück, die bereits in der persönlichen und teaminternen Organisation etabliert sind, akzeptiert werden und als sinnvolles Werkzeug im Unternehmensalltag gelten.
Die Anwendung dieser agilen Boards in der Entscheidungshierarchie bietet folgende Vorteile:
- Entscheidungsaufgaben können in Vorstand-Boards übertragen und von jedem auf beliebiger Vorstandsebene eskaliert werden.
- Dadurch sind sämtliche Informationen digital verfügbar – ein absoluter Beschleuniger für den Informationsfluss.
- Boards bieten flexible, filterbare Ansichten auf gemeinsame Datenbestände. Daten können in Echtzeit live und farblich markiert übertragen werden.
Was also schon in der persönlichen, alltäglichen Organisation verwendet wird (in Form von eigenen Boards), kann auf das gesamte Unternehmen projiziert werden, und somit einen echten Schmerzpunkt lösen. Aber Achtung: Mit diesem Grad der Transparenz muss eine Organisation umgehen können und wollen.
5. Connecting the Dots
Agile Unternehmen setzen auf eine Vielzahl von Anwendungssysteme und Prozesse, die effizient koordiniert werden müssen. Die nahtlose Vernetzung dieser Systeme ist entscheidend. Wo früher Gremien zusammenkamen, PowerPoint-Präsentationen und Unterschriftenmappen vorbereitet wurden, braucht es im Agile Enterprise einen Blick ins schlagende Herz des Unternehmens – und das in Echtzeit.
Ein führender Automobilhersteller hat diese Herausforderung mit einem innovativen Cockpit gelöst, das die Integration und Zusammenführung entscheidungsrelevanter Daten vorantreibt. Dieses Cockpit, unterstützt durch ein Vorstandsmandat, lenkt die operativen Geschicke des Unternehmens. Als fester Bestandteil des Top-Managements unter der Leitung des COO (Chief Operating Officer) identifiziert es rasch auftretende Probleme und bietet eine ganzheitliche Lösung aus Mindset, Organisation, Methode und Technologie.
Die Datendrehscheiben sind jetzt im Zentrum, was bedeutet, dass keine direkten Verbindungen zwischen den Systemen mehr bestehen. Schnittstellenverzeichnisse werden immer wichtiger und ermöglichen eine dynamische Anbindung nach Bedarf. Flexibilität ist der Schlüssel, um Daten in einer für Entscheidungen relevanten Form zu präsentieren.
Agile Enterprise: Ein Fazit
Die Implementierung agiler Methoden und Praktiken in Unternehmen bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich. Die fünf Herausforderungen, die wir in diesem Blogpost auf dem Weg zum agilen Unternehmen identifiziert haben, erfordern eine klare Vision, Flexibilität und ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse der Organisation.
Über die Autorin
Julia Gerstner, Content Marketing, cplace
Mit seiner Next-Generation Project and Portfolio Management-Technologie revolutioniert und transformiert cplace die Art und Weise, wie Menschen und Organisationen in komplexen Projekten zusammenarbeiten. Die flexible Software-Plattform befähigt Marktführer unterschiedlicher Branchen maßgeschneiderte Lösungen für die digitale Transformation und Entwicklung komplexer Produkte zu gestalten.
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