Wie No-Code und Low-Code die digitale Transformation ermöglichen
27. Juni 2024 | 4 Min.
Die Digitale Transformation, also die technologische Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens, bestimmt immer mehr seine Erfolgsaussichten. Ein wesentlicher Faktor dabei ist, wie schnell und in welcher Qualität es technologische Initiativen umsetzen kann. Angesichts fast schon chronisch überlasteter IT-Abteilungen und einem langwierigen Fachkräftemangel wird der Ruf nach Alternativen laut. Eine Antwort, die besonders häufig zu hören ist, lautet “No-Code und Low-Code“.
Überlastung der IT-Abteilungen
Die meisten Innovationen in Unternehmen sind technologischer Natur, an denen die IT-Abteilung mitwirken muss. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche der Mitarbeitenden an Softwarelösungen, was dazu führt, dass in immer kürzeren Zyklen immer mehr Applikationen implementiert und Anpassungen an ihnen vorgenommen werden müssen. Dies steht im Widerspruch zum seit Jahren vorherrschenden Mangel an Fachpersonal, das dies umsetzen soll. Die Folge sind überlastet IT-Abteilungen und eine digitale Transformation, die gefühlt viel zu langsam vorankommt.
Die Arbeit mit Standardlösungen kommt gerade in größeren Unternehmen kaum noch in Frage, denn diese sind starr, kompliziert in der Anwendung und wichtige spezifische Anforderungen lassen sich kaum umsetzen. “One size fits all”-Lösungen sind in der Praxis schon zu oft gescheitert.
Vor diesem Hintergrund gewinnen No-Code- und Low-Code-Plattformen an Bedeutung, da sie es den Fachabteilungen ermöglichen, ohne tiefgreifendes IT-Wissen schnell und agil eigene Applikationen zu erstellen. Der globale Markt für Low-Code-Entwicklungsplattformen wird voraussichtlich stark wachsen – laut einer Studie auf knapp 95 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2028. Diese Plattformen versetzen die Mitarbeitenden in die Lage, schnell und ohne umfangreiches Programmier-Know-how eigene Anwendungen zu entwickeln und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Sie benötigen kaum noch die Unterstützung der IT-Abteilung, die folglich auch davon profitiert.
Zunahme von Schatten-IT
Noch bildet der Wunsch nach modernen Applikationen bei gleichzeitig überlasteten IT-Abteilungen einen optimalen Nährboden für den Gedeih von Schatten-IT: Technikaffine Business-Anwender beschaffen sich ihre eigenen Lösungen einfach selbst und umgehen damit die IT. Gute Absicht, große Gefahren: Die “heimlich” besorgten Applikationen entsprechen oft nicht der IT-Governance und verstoßen bspw. gegen Datenschutzbestimmungen, was empfindliche Bußgelder nach sich ziehen kann. Darüber hinaus handelt es sich meist um Insellösungen, die die verarbeiteten Daten und Informationen nicht unternehmensweit zur Verfügung stellen.
Der Technikexperte James Martin präsentierte 1982 in seinem Buch „Application Development Without Programmers“ die Idee, Anwendungen zu entwickeln, ohne dass Programmierer beteiligt sind. Obwohl diese Idee damals innovativ war, konnte sie sich aus verschiedenen Gründen nicht durchsetzen.
Der Aufschwung moderner Entwicklungs-Plattformen
Was in den 1980er und 1990er Jahren noch nicht möglich war, hat sich in den letzten rund 30 Jahren grundlegend gewandelt. Das Aufkommen moderner No-Code- und Low-Code-Plattformen revolutionierte die Anwendungsentwicklung. Interessanterweise sind diese Begriffe erst im Jahr 2014 populär geworden, durch eine entsprechende Marktanalyse von Forrester.
Die Vorteile dieser neuen Entwicklungsmethoden sind enorm. Sie ermöglichen es Anwenderinnen und Anwendern ohne oder mit nur geringen Programmierkenntnissen, maßgeschneiderte Geschäftsanwendungen zu entwickeln, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen. Das senkt die Belastung der IT-Abteilungen, die nicht mehr auf teure externe Anbieter zurückgreifen muss.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass No-Code- und Low-Code-Plattformen so schnell an Beliebtheit gewonnen haben und die Softwarebranche revolutionieren. Insbesondere Low-Code-Plattformen haben sich zu einem wichtigen Differenzierungsmerkmal entwickelt. Das Nutzenversprechen ist überzeugend: mehr Agilität, Effizienz und Kosteneinsparungen bei der Anwendungsentwicklung.
No-Code und Low-Code Einzelbetrachtungen
Auf No-Code-Plattformen können Anwender ohne technische Expertise Anwendungen, die ihren individuellen Anforderungen entsprechen in einem modularen System zusammenstellen und konfigurieren. Ohne Programmierkenntnisse können sie UI-Komponenten kombinieren und benutzerspezifische Dashboards in einer visuellen Entwicklungsumgebung erstellen. Mit ihren eigenen Mitarbeitenden können Fachabteilungen Anwendungen modifizieren und weiterentwickeln. Die Grundidee ist ein Selbstbedienungsangebot für sogenannte Citizen Developer.
Der Low-Code-Ansatz erfordert nur geringe Programmierkenntnisse, um anspruchsvollere Anwendungen zu erstellen. Die Funktionen der Anwendungen können erweitert und mit anderer in der Organisation verwendeter Software kombiniert werden. Einige Low-Code-Plattformen, darunter auch cplace, zeichnen sich dadurch auch, dass sie auf Unternehmensebene skalierbar sind, was ihr Nutzen potenziert. Insgesamt senken sie so die Arbeitsbelastung der IT-Teams und schaffen Kapazitäten für anspruchsvollere Softwareprojekte.
Governance und Sicherheit moderner Plattformen
Eine wesentliche Herausforderung bei der Verwendung von No-Code und Low-Code Plattformen ist die Qualität der kreierten Anwendungen: Es muss gewährleistet werden, dass die von Citizen Developern erstellten Applikationen eine gewisse Qualität haben und unternehmensweiten Vorgaben entsprechen. Hier haben moderne No-Code und Low-Code Plattformen eine Lösung parat: Durch entsprechende Konfigurationen wird der Spielraum definiert, auf dem die Citizen Developer ihre Anwendungen modifizieren und erstellen dürfen. Beispielsweise können so Vorgaben zur Farbgestaltung und ganze Layout-Templates hinterlegt werden.
Idealerweise beinhalten diese Plattformen bereits bewährte Lösungsmodule oder
-Templates, die von der IT-Abteilung administriert werden. Die Fachabteilungen erhalten dann Zugriff auf entsprechende Lösungen, die sie an ihre spezifischen Anforderungen anpassen können. So bleibt die IT-Abteilung eine der wichtigsten Autoritäten in Sachen IT-Compliance-Überlegungen und sie stellt sicher, dass alle Anwendungsersteller im Unternehmen – ob Citizen Developer oder nicht – sich an die IT-Richtlinien des Unternehmens halten.
Um eine einheitliche, zuverlässige Datenbasis zu erhalten, eine “Single Source of Truth“, sollte sichergestellt werden, dass alle Fachabteilungen die Lösungen dieser Plattform nutzen. Insellösungen wie selbst gebaute Excel-Sheets oder kleinere Cloud-Apps hingegen verhindern einen übergreifenden Nutzen.
Auf diese Weise können sich die Vorteile von No-Code und Low-Code – wie erhöhte Agilität, Effizienz und Kosteneinsparungen – entfalten, ohne dass das Unternehmen die Kontrolle über seine Business-Applikationen verliert oder Sicherheitsrisiken hinnehmen muss. Mit No-Code und Low-Code Plattformen treiben Unternehmen ihre digitale Transformation voran, ohne Kompromisse bei der IT-Governance eingehen zu müssen.
Über den Autor
Bastian Rang, Senior Product & Solution Architect, cplace
Bastian Rang verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung als Lehrer, Coach und Trainer im IT-Umfeld sowie in der Entwicklung und Architektur von IT-Lösungen mit verschiedenen Technologien. Bei cplace ist er als Coach für Citizen Developer und als Solution Architect tätig. Sein Fokus liegt auf individuellen Enterprise-Lösungen mit Hilfe von No– und Low-Code.
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